Freitag, 17. Mai 2024

Erntetag

Heute ging es auf den bekanntesten und letzten Abschnitt unserer Wanderung: „Der Pfad der Götter“. Von Bomerola nach Positano… 10 Kilometer, kaum Aufstieg, dafür aber 720 Höhenmeter Abstieg vorwiegend natürlich über Treppenstufen. (Da gibt es bekanntlich ein Trauma ;-))

Aber der Reihe nach… Ich wache mal wieder um 5 Uhr auf und bin etwas neidisch auf Moni. Nimmt sie ihr Hörgerät und ihr Cochlea-Implantat abends raus, können ihr nervige Geräusche nichts anhaben und sie kann störfrei schlafen so lange sie mag. 

Wir frühstücken um 8, packen anschließend zusammen und machen uns auf den Weg. Mir tun die Beine zum Glück kaum weh und ich kann ein paar Witzchen über Moni machen (die die ersten Meter mehr humpelt als geht). 

Der Weg ist ein Traum: Dunst zieht vom Meer die Felswände hoch, es riecht nach feuchtem Boden, Salz und Kräutern und die Sonne scheint zwischen den Wolken hindurch. Ich bin einfach glücklich. 

Und ich spüre so viel Dankbarkeit: für den Luxus in meinem Leben, für die Möglichkeit vier Monate nicht zu arbeiten, für meine körperliche Fitness, für den tollen Rucksack (den mir meine Freundin Marie geliehen hat), für die Wanderstöcke meiner Schwester, die Freundschaft zu Moni, die Sonne, das glitzernde Meer und so viel mehr. 

Ich fühle mich heute so fit und bin so dankbar, dass Paul mich am Anfang des Jahres dazu motiviert hat wieder regelmäßig schwimmen zu gehen. Jede Stufe erklimme ich heute mit Freude und Leichtigkeit. Die vergangenen drei Tage waren wie ein Trainingslager für meinen Körper. 

Und leider teilen wir uns den Weg mit vielen anderen Menschen … mich nervt es an manchen Stellen nicht in meinem eigenen Tempo gehen zu können und von Menschen umgeben zu sein, die auf diesem schönen Weg über ihre Arbeitsprojekte sprechen möchten. Moni und ich nehmen an allen möglichen Stellen Umwege in Kauf um etwas Ruhe zu haben. Wir genießen unseren letzten Wandertag in vollen Zügen - beim Abstieg von 720 Höhenmetern bis auf Meeresspiegelniveau sind wir dann alleine… Die meisten Tageswandertouristen (am liebsten sind mir die Menschen mit Sandalen, Selfi-Stick und Handtasche) nehmen vor dem Abstieg den Bus.

Wir erreichen Positano, kaufen Fährtickets, baden im erfrischenden Meer und dösen am Strand. Wie gut nach vier anstrengenden und schönen Tagen endlich angekommen zu sein.


Mit der Fähre geht es schließlich zurück nach Salerno. Die Amalfiküste zieht in 1,5 Stunden noch einmal an uns vorüber und wir sind mega stolz und glücklich über unsere Wanderleistung und die vielen schönen Momente und Erlebnisse der letzten Tage. 



In Salerno checken wir ins unsere letzte Unterkunft ein und ziehen dann für Aperitif und Abendessen los.
Danke Moni, danke Italien - ich hatte eine wunderbare Woche. 


Donnerstag, 16. Mai 2024

Treppentrauma

Wenn ich morgens versuche aus dem Bett zu kommen und sich jeder Schritt anfühlt als wäre ich schon 88, ist die Diagnose eindeutig: Treppentrauma!

Aua - heute morgen streiken Moni‘s und meine Waden und wir watscheln wie Pinocchio auf die Terrasse zum Frühstück. Die wunderbare Aussicht, Frühstück und Kaffee bringen wieder leben in unsere Körper. 


Nach einer kurzen Planbesprechung machen wir uns auf den Weg… und natürlich beginnt der heutige Weg wieder mit unzähligen Treppenstufen. Es ist schon jetzt unfassbar warm und der Schweiß läuft schon nach wenigen Minuten. 

Irgendwann wird der Weg felsiger und wir steigen rund 600 Höhenmeter auf und brauchen für die ersten 2 Kilometer über 1,5 Stunden. Wir sind gar nicht happy, die Sonne brennt, es gibt keinen Schatten und unsere Beine sind wie Wackelpudding. Moni kämpft zusätzlich auch mit etwas Schwindel. Uff… es gibt keine Alternative als sich mental abzulenken und langsam weiter aufzusteigen. 

Irgendwann haben wir es dann geschafft, der Weg wird weniger steil und wir haben den Gipfel erreicht. Yeah! Wieder 850 Meter über dem Meer. Wir gönnen uns Brotzeit und dösen im Schatten. 


Und ab dem Gipfel wird der Weg zum Genuss - es bleibt ein auf und ab aber mit wenigen Treppenstufen und viel abwechslungsreicher. Unsere Laune bessert sich schlagartig und wir haben wieder ausreichend Puste um Witze zu machen und zu quatschen.



Nach 3,5 Stunden erreichen wir San Lazarro und machen eine willkommene Eispause. Frisch gestärkt verlassen wir den kleinen Ort und kommen auf einen schönen Pfad unterhalb steiler Felswände und wandern tiefer in die Schlucht hinein. Und plötzlich sind wir im Paradies… Was für ein wunderschöner Ort:


Auch der restliche Weg ist ein Traum und wären die Schmerzen in den Beinen nicht ein ständiger Begleiter, hätten wir den schwierigen Start der heutigen Etappe schon lange vergessen. Nach über 10 Kilometern und 6 Stunden in Bewegung erreichen wir ziemlich erschöpft Bomerano. Wir checken in unser B&B ein, duschen und dösen ein wenig. Später machen wir uns auf zum Abendessen, haben super leckere Pasta und Salat und so viel zu lachen. 

Wir humpeln wie Pinocchio zurück in unsere Unterkunft, werfen uns eine Magnesiumtablette ein und hoffen sehr, morgen früh wieder wie „Forellen über Fischtreppen springen zu können“. Alle Daumen sind gedrückt. 😌


Mittwoch, 15. Mai 2024

„Für deine blauen Augen…

…würde ich sogar mal nach Berlin kommen!“, sagte mir der Vermieter unserer letzten Unterkunft ungefähr fünf mal. Uff… willkommen in Patriarchat. Nein, es war kein nettes Kompliment sondern sehr deutliches mich auf mein Aussehen beschränken. Während des Frühstücks steht der übergewichtige Herr um die 70 auch gerne, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen, neben unserem Tisch und erklärt uns die Welt. Zum Abschied befiehlt er mir dann auch eine 5-Sterne-Bewertung bei Booking für ihn zu schreiben… ähm, ganz sicher nicht.

Naja, zum Glück ist die Unterkunft schön und mein Kontakt mit dem Vermieter beschränkt sich auf ein Minimum. 

Mein Tag beginnt trotzdem wunderbar:

Nach dem Aufstehen ziehe ich meinen Bikini an, laufe runter zum Strand und genieße ein kurzes Bad im noch kühlen Mittelmeer. Wow… was für ein Genuss noch vor dem Frühstück im Meer baden zu können. 
Nach dem Frühstück (mit dem welterklärenden Besitzer) ziehen wir los und ich hab einen schrecklichen Ohrwurm von „Blaue Augen“. Singend erklimmen Moni und ich die ersten Höhenmeter…



Nach 30 Minuten treffen wir drei Italiener, die wir gestern schon auf dem Weg kennengelernt haben. Sie teilen sich eine geklaute Zitrone mit uns (der Weg heute heißt schließlich „Weg der Limonen“) und wir quatschen kurz über die jeweiligen Tagesziele.



Wir laufen weiter… 40 Stufen bergauf bis Moni sagt: „Wir haben die Route verlassen!“. 

Woher sie das weiß? Dank ihres Chochlea-Implantat kann Moni die Komoot-Navigation direkt von ihrem Handy (für mich geräuschlos) auf ihr Implantat senden. So sind wir immer bestens informiert und brauchen nur selten aufs Handy schauen. „Irgendeinen Vorteil muss meine Taubheit ja haben!“, sagt Moni. „Und wir sollten uns nicht von Männern ablenken lassen. Bringt uns nur auf Umwege weil ich dann Komoot überhöre.“ Wir kehren lachen auf den richtigen Weg zurück.

Der Weg zieht sich über unendlich viele Treppenstufen hoch bis Ravello. „Das ist echt spaßbefreit“, jammert Moni. 

In Ravello gönnen wir uns ein Mittagessen auf dem Kirchplatz und sind plötzlich im krassen Touri-Gebiet. Anscheinend werden hier im 30-Minutentakt ganze Busladungen zur Stadtbesichtigung ausgekippt.
Wir sitzen eine Weile auf der Kirchentreppe um unsere durchgeschwitzten Sachen etwas trocknen zu lassen bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Und schon wieder Treppen… dieses Mal bergab. Auch gar kein Spaß. Nach über 10km, davon bestimmt 75% Treppenstufen erreichen wir den Stadtrand von Amalfi. Unsere Unterkunft liegt auf dem Berg vor uns - nochmal 50 Minuten bergauf über Stufen. 

„Lass uns nach Amalfi runter laufen, ins Meer springen und dann mit dem Bus nach Pogerola fahren. Ich bin fertig mit Treppen steigen!“, schlage ich erschöpft Moni vor.
 „Es ist echt verrückt, dass wir so oft die gleichen Ideen haben. 100% Zustimmung!“, erwidert Moni.


 Wir laufen durch das super volle Amalfi, kaufen Bustickets, baden im Meer und erreichen nach einer wilden und kurvigen Busfahrt Pogerola. 

Wir sind super glücklich hier oben zu sein- weit weg von dem krassen Trubel in Amalfi. Wir haben ein super leckeres Abendessen, retten Monis Hörgerät nach einem Sturz auf einem Vordach (und sparen so 2700€ für eine Neuanschaffung. Ich sag ja: „Geld kommt, Geld geht“) und spüren unsere Beine bei jedem Schritt.

Zeit für Regeneration… Moni spendiert eine Runde Magnesium für Alle. 🙃 Gute Nacht aus Bella Italia 







Dienstag, 14. Mai 2024

Auf der Spur der toten Katze

Keine Ahnung warum… aber so hieß der Streckenabschnitt den wir heute gewandert sind.

Mein nächtlicher Schlaf wurde durch die lautstarke italienische Müllabfuhr um 5 Uhr beendet. Ich stehe auf, schließe das Fenster und lege mich nochmal zum dösen ins Bett. Spüre die letzten Tagen nach… intensiv, fordernd und so schön. Gegen 8 Uhr erwacht Moni. Wir stehen auf, ziehen uns an, cremen uns mit Sonnencreme ein und packen unsere Rucksäcke. 
Draußen suchen wir uns ein kleines Café, frühstücken Cappuccino und ein Croissant, kaufen uns Busfahrkarten am Kiosk und steigen in den Bus der uns zum Startpunkt unserer ersten Etappe bringt. 
Dort angekommen kaufen wir in einem kleinen Tante-Emma-Laden Brötchen und Käse und steigen dann über steile Treppen immer weiter aus dem Ort Raito Richtung Berg. Wir gewinnen schnell an Höhenmeter und die Sonne scheint bei 24 Grad. Nass geschwitzt erreichen wir den ersten Bergkamm. „Waren wir aber richtig schnell hier oben“, sagt Moni. Ich antworte schnaufend: „Ich bin ja auch mit einer echten bayerischen Bergziege unterwegs!“ 

Ich freue mich, dass ich dieses Jahr deutlich fitter bin als vergangenes Jahr in der Cinque Terre und trotzdem ist Moni am Berg für mich einfach nicht einholbar.

Wir haben viel zu lachen, gute Gespräche und hängen immer wieder für lange Zeit unseren eigenen Gedanken schweigend nach.
Es geht stetig bergauf und ich genieße die Aussicht auf das glitzernde Meer, den Geruch von Rosmarin, Thymian und Kiefern, erschrecke immer mal wieder durch die vorbeihuschenden Echsen und bin einfach glücklich. An einem kleinen Wasserfall gönne ich mir eine kalte Dusche bevor es weiter steil bergauf geht.


Wie wenig es manchmal braucht und wie schnell mein System von dem Stress und den vielen Eindrücken in der Stadt, auf Entspannung und Ruhe in der Natur umschalten kann. 




Wir haben einen wunderbaren Wandertag, laufen ca. 12km, steigen 800 Höhenmeter auf und 960 Höhenmeter wieder ab und sind inklusive Pausen 7 Stunden unterwegs. Es ist ein abwechslungsreicher und wunderschöner Weg, den wir die meiste Zeit für uns alleine haben. Der steile Abstieg über unzählige Treppen bringt uns an unsere Belastungsgrenze und so gönnen wir uns an unserem Zielort Maiori gleich einen Aperol Spritz bevor ich im schon sehr warmen Mittelmeer baden gehe. Was für ein Luxusleben.



Bei Pasta und Salat lassen wir den Tag ausklingen und fallen früh und müde ins Bett. 
Die tote Katze haben wir am Ende nicht gefunden… die Suche geht morgen weiter 🙃

Montag, 13. Mai 2024

Geld kommt, Geld geht

Jetzt ist er also da - mein arbeitsfreier Sommer. Vier Monate habe ich Zeit um zu reisen und das Leben abseits der gewohnten Wege zu genießen.

Ohne Verpflichtungen und ohne die Frage, wie es nach dieser Auszeit beruflich für mich weitergeht. Entgegen meiner bisherigen Auszeiten (die ich mir gegönnt habe, nachdem ein Job zu Ende ging) habe ich dieses Mal den Luxus mein Arbeitszeitkonto bei ChiroPaul plündern zu können und so weiter bezahlt zu werden, während ich mein Gesicht in die Sonne halte.

Meine Auszeit beginnt in meiner Wohlfühlstadt München. Eine knappe Woche verbringe ich bei Quirin, erhole mich von einer Erkältung und genieße die abwechslungsreiche, schöne und gemeinsame Zeit mit ihm.

Am Sonntag ziehe ich dann zu meiner Freundin Moni um. Bei einem Glas Wein auf ihrer Gartenbank besprechen wir in der Sonne die letzten Details zu unserem Italientrip. Ich packe anschließend meinen Rucksack kuschel mich früh ins Bett.

Der Wecker klingelt um 6:30 und ich schleppe mich müde in die Dusche. Nach dem gemeinsamen Frühstück mit Volker, schultern Moni und ich unsere Rucksäcke und brechen zum Ostbahnhof auf. Im Bus checke ich routinemäßig unsere Reiseverbindung. Da der Schock: unser Zug nach Bologna fährt spontan 15 Minuten früher und hält heute ausnahmsweise nicht am Münchner Ostbahnhof. Wir rennen trotzdem zum Bahnsteig (die Bahn-App kann sich ja auch mal irren), finden leider keinen EuroCity. Also zum Reisezentrum der Bahn, wo uns gesagt wird, dass wir einfach den nächsten Zug in zwei Stunden nehmen sollen und wahrscheinlich dann in Bologna ein neues Ticket bis Salerno für 190€ kaufen müssen.

Etwas frustrierend und genervt beschließen wir aus der Situation das Beste zu machen und mit dem nächsten Regionalzug nach Rosenheim zu fahren, einen Kaffee zu trinken und dann dort in den nächsten EC zu steigen. Die Bahn hat einfach keinen guten Tag und als für den Zug nach Rosenheim über 20 Minuten Verspätung angezeigt und der Bahnsteig voll mit Menschen ist, verwerfen wir den Plan, fahren zum Hauptbahnhof, trinken einen Kaffee im Stehen und steigen schließlich in den EC nach Bologna. 


Wir sind froh endlich unterwegs zu sein, essen unser Walnussbrot, das Stück Käse und die gekochte Eier und genießen die Fahrt durch die beeindruckenden Alpen.

Kurz vor Bologna spreche ich mit dem Zugbegleiter über unsere Situation (verpasster Anschlusszug wegen zu früher Abfahrt des ersten Zuges). Er macht uns wenig Hoffnung und meint, dass wir voraussichtlich am Schalter ein neues Ticket kaufen müssen.

Ich schicke einen Wunsch ans Universum - Moni schaut mich skeptisch an und fragt: „was genau wünscht du dir denn gerade?“

„Ich wünsche mir, dass die italienische Bahn Nachsicht mit uns hat und unser Ticket kostenlos umbucht und wir nicht 190€ für ein neues Ticket ausgeben müssen!“, antworte ich schmunzelnd.

Und schon schließt auch Moni die Augen, bringt die Fingerspitzen zusammen und wünscht sich grinsend das Gleiche.

Wir erreichen Bologna 2 Stunden und 20 Minuten später als geplant, hetzen zum Infopoint und schildern unsere Situation. Die Frau ist überfordert… dass Leute aus Deutschland ihren Zug wegen Verspätung verpassen ist sie wahrscheinlich gewohnt. Anschlussprobleme wegen zu früher Abfahrt des ersten Zuges ist aber anscheinend eher ungewöhnlich. Sie fordert Verstärkung an und die Verwirrung verdoppelt sich. Nach 10 Minuten wilder Diskussion zwischen den zwei Bahnmitarbeiterinnen und etlichen Nachfragen an uns bekommen wir zwei kostenlose Tickets für den nächsten Zug nach Salerno. Wir können unser Glück kaum fassen. Wir hatten uns beide innerlich schon darauf eingestellt 190€ zahlen zu müssen.


„Siehste, Geld kommt und geht“, sage ich zu Moni, die nur lachend den Kopf schüttelt. „Gedanklich waren 190€ schon von meinem Konto abgebucht. Jetzt sind sie unerwartet zurückgebucht worden! Was für ein Glück wir doch haben.“ 

Moni erwidert:“Du mit einen verrückten Lebensweisheiten und Ansichten. Damit kommst du wirklich gut durchs Leben.“

Während wir auf den Zug warten, gönnen wir uns Cappuccino und Tiramisu und feiern die Wunscherfüllung des Universums.


Im Schnellzug geht es dann über Rom und Neapel nach Salerno. Wir checken in unser Zimmer ein und beenden den Tag bei Oliven und Aperol in einer netten Bar in der Fußgängerzone. Morgen geht’s auf zum Wandern. Vorfreude 

Gute Nacht aus Italien