Samstag, 13. Mai 2023

Liebe

Diesen Blogartikel habe ich bereits während meiner Interrailreise im März begonnen und bis heute nicht fertig gestellt. Nun also ein neuer Versuch zu einem Ende zu kommen...


10. März 2023:
Vor zwei Tagen bekam ich diese Nachricht: „Wie definierst Du Liebe? Was verbindest Du damit? Und was ist Liebe für dich ganz persönlich?“

Beim Lesen dachte ich, die Antwort ist ja nicht so schwer. Schließlich habe ich mich im letzten Jahr viel damit auseinandergesetzt und bin dazu gerade sehr verliebt. 
Dann hat es in mir gearbeitet und nach ein paar Minuten war klar: es gibt doch keine so klare und schnelle Antwort. 

Als ich heute die Küche meiner Gastfamilie entrümpelt, umgeräumt und geputzt habe, hörte ich nebenbei meine Spotify-Playlist. 
Als „Hero“ von Enrique Inglesias läuft, muss ich schmunzeln. Was für ein schnulziger Song und was für ein tragisches Video
Dieses Lied war in meinem Schulfreundeskreis „der Song“. Wir hörten ihn mit ca. 16 Jahren hoch und runter und träumten von der einen großen Liebe. Ich war mir sicher, dass es da draußen „den Mann“ für mich gibt. Gutaussehend, erfolgreich, beliebt, treu, humorvoll, intelligent, vorzeigbar bei Freunden und Familie, spannende Hobbys, viel Geld... und so viel mehr.
Er würde irgendwann in mein Leben knallen, wir würden heiraten (natürlich macht er einen romantischen Antrag), eine Familie gründen, ein Haus bauen, wären jeden Tag total glücklich, haben auch nach 20 Jahren noch phänomenalen Sex und es gibt rote Rosen zum Valentins- und zum Hochzeitstag. Mit ihm würde mein Leben endlich vollständig und perfekt sein und die meisten Probleme würden sich in Luft auflösen. 

Und schon damals ahnte ich, dass das irgendwie unrealistisch ist und ich viele Menschen spannend finde...

Ungefähr 20 Jahre und etliche Beziehungen später, hat sich meine Perspektive auf Liebe verändert. In meiner Playlist läuft „Sie mögen sich“ von Shaban & Käptn Peng (Video) und ich denke: „Ja, dass entspricht mehr meiner heutigen Wahrnehmung von Liebe.“
Besonders im letzten Jahr hat sich mein Bild von „meiner perfekten Beziehungen“ und „Liebe“ stark gewandelt. Ich hab mich getraut, mich ehrlicher zu fragen, was meine wahren Wünsche und Bedürfnisse sind (abseits dem gesellschaftlichen Bild von Liebe und Beziehung). 

13. Mai 2023: 
Ich habe begonnen neugierig zu forschen, meine Grenzen zu erkunden, mich selbst zu spüren, Gefühle und Gedanken wahrzunehmen. Dabei bin ich in intensiven Kontakt mit vielen meiner (beschränkenden) Glaubenssätzen, Ängsten und moralischen Wertvorstellungen gekommen. Ich habe beispielsweise eine unglaublich große Angst vor dem plötzlichen Verlassenwerden oder bin tief von der moralischen Wertvorstellung geprägt, dass Frauen an "Wert" verlieren wenn sie mit vielen Menschen Sex haben. 

Ich bin auf meiner Forschungsreise mit der Frage: "Wie will ich wirklich leben und lieben?" 
Ich spüre, dass ich so Stück für Stück immer mehr zu dem Menschen werde, der ich tief in mir wirklich bin. Ich fühle mich authentischer, freier, klarer, sicherer und selbstbewusster. 

Für meine Forschungsreise halte ich mich an vier Grundsätze: 
1. ehrlich mit mir, meinen Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen sein
2. offen, ehrlich, klar und liebevoll mit den Menschen sein, mit denen ich im Kontakt bin oder die ich neu in mein Leben lasse 
3. Verbindlich, verlässlich und verletzlich sein
4. Mutig sein und mich dem Leben vertrauend hingeben

Liebe erlebe ich nun eher universell und weniger exklusiv. Ich unterscheide nicht mehr grundsätzlich zwischen „Freundschaft“ und „Beziehung“ und auch nicht zwischen "Mann" und "Frau". Alles darf da sein, sich verändern, fließen.
Und ich schließe bei „Liebe“ keine Menschen mehr aus weil ich schon mit einem anderen Menschen in einer „Beziehung“ bin. (Nach dem Motto: "Tschuldigung, ich darf dich gar nicht toll finden oder in Dich verliebt sein, weil ich ja schon mit jemanden anderem in einer Beziehung bin.")

Kein Ort der Welt ist für diese Reise so passend wie Berlin. Hier gibt es mutige, erfahrene und neugierige Menschen die Veranstaltungen und Räume schaffen, in denen ich mich sicher fühle und mich verletzlich zeigen kann. 
So war ich Anfang Mai mit 40 wundervollen Menschen bei dem Playshop "Liebe frei und authentisch" von Christopher Gottwald. Wow... diese 5 intensiven Tage in Chorin haben viel in mir in Bewegung gebracht. Und ich habe noch mehr mit mir selbst Frieden schließen können. Ich werde Zeit brauchen um diese Erfahrungen und Erkenntnisse zu integrieren. 

Eins ist klar:

Es ist die Liebe, die mich lebendig macht. 
Ich bin auf dem Weg. Es gibt kein Ziel. Wie wunderbar.


Dienstag, 2. Mai 2023

Weinwandern in Würzburg

Mein letzter Stopp vor Berlin: Würzburg.

Hier wollte ich eigentlich nur meine Freundin Jojo besuchen. Sie hat dann spontan Eva und Max (kenne ich alle vom Gardasee im September 2021 als ich spontan Tourguide war) eingeladen und so gab es ein etwas ungeplantes und sehr lustiges Wiedersehen im schönen Würzburg. 


„Weinwandern“ ist eine Tradition am 1. Mai und so sind wir gemeinsam durch die Weinberge rund um Iphofen gezogen und haben an allen Weinständen die regionalen Getränke genossen. Viel Spaß, leckerer Wein und traumhafte Aussichten waren garantiert. 

Nach zwei Nächten in Würzburg geht es dann heute zurück nach Berlin. 
Mein Interrailticket habe ich mit 7 bereisten Ländern, 7300 Streckenkilometern und 60 Zügen ausgiebig genutzt. 


Jetzt freue ich mich auf eine Nacht Zuhause. Morgen geht es dann gleich weiter. Von Mittwoch bis Sonntag bin ich zu einem Workshop in Brandenburg.
Ich bin unendlich dankbar für diese zwei Monate mit so viel Lebensfreude und Fülle.
Zwei Stunden bis Berlin. 

To be continued…




Donnerstag, 27. April 2023

Münchenliebe

Servus aus München.

Seit Sonntagabend bin ich an einem meiner Lieblingsorte: In München in dem Haus meiner Freundin Moni. 


Moni und ihr Mann Volker sind diese Woche in Paris und ich habe den Luxus ein ganzes Haus inkl. Kuschelkatze für mich alleine zu haben. Perfekte Rahmenbedingungen um nach knapp zwei Monaten Reisen etwas zur Ruhe zu kommen bevor es nächste Woche (nach einem kurzen Zwischenstopp in Würzburg) zurück nach Berlin geht. 

Da das Wetter nicht der Knaller ist, erlaube ich mir viel abzuhängen. Lesen, Tagebuch schreiben, durch das Haus tanzen, die Katze kraulen, baden, kochen und Kaffee trinken mit Blick in den Garten. 


Gestern habe ich mir Monis Fahrrad geschnappt und bin an meine Lieblingsorte gefahren: Eisbachwelle, Englischer Garten, Haidhausen, Schwabingen… München ist definitiv einer meiner Wohlfühlorte.

Abends treffe ich meine Freundin Cordula. Nach einem ausgezeichneten Essen beim Griechen, ziehen wir weiter in eine Kneipe. Nach einigen Getränken und guten Gesprächen radel ich singend gegen Mitternacht durch die stille Stadt nach Hause. 


Nach zwei Monaten unterwegs fühlt es sich richtig an, langsam zurück nach Berlin zu kommen. Letzte Woche bekam ich schon diese lustige Nachricht:


Also bevor ich ersetzt werde, komme ich doch lieber zurück, putze dann ein paar Kinderzähne als „Zahnputzroboter“, sitze beim Wein und guten Gesprächen mit Betti und Martin auf der Terrasse und trinke morgens meinen Kaffee auf dem Schlafsofa umringt von einer ganzen Familie. Ich bin in Vorfreude auf diese Momente.

Meine Reisen sind für mich nur möglich, weil ich eine gute Basis habe. „Zuhause“ sind für mich die wundervollen Menschen, mit denen ich mich sehr verbunden und sicher fühle und die „Heimat“ für mich ausmachen. 

Wenn es sie nicht gäbe, wäre ich auf meinen Reisen „Heimatsuchende“ und nicht „Reisende“. 

Und auch wenn ich unterwegs viele neue und tolle Menschen kennenlerne (und davon auch einige zu Freunden werden), so sind es doch die „altbewährten“ Freunde, die ich vermisse und die mich immer wieder zurückkehren lassen. Dafür bin ich unendlich dankbar. 😌

„Zuhause ist kein Ort. Es ist ein Gefühl.“

5 Tage bis Berlin - ich bin in Vorfreude 😍

Sonntag, 23. April 2023

Vertraute Gesichter in Wien

Ich bin im schönen Wien und besuche Lisa. Lisa habe ich 2018 (wie auch Ladi) auf dem Jakobsweg kennengelernt und noch im gleichen Jahr in Wien besucht. Damals hat sie noch im Wohnheim des Krankenhauses gewohnt. Jetzt ist sie frisch von einem Jahr Weltreise zurück und hat noch nicht wieder zu arbeiten begonnen. Unser Timing für ein Wiedersehen ist also perfekt. Und die Freude über das spontane Treffen groß.

Wir sitzen mit weiteren Freundinnen von ihr in der Sonne im Park, quatschen, spielen Wizzard und gönnen uns ein Eis. Was für ein Luxus mal wieder so alltägliche Dinge vor der schönen Kulisse Wiens tun zu können.


Wir fahren zu Lisas Freundin Conny nach Hause, trinken Aperol, kochen ein leckeres Linsendal, spielen „Azul“ und „6 nimmt“. Ich bin glücklich und dankbar.

Ich schaue irgendwann auf mein Handy und lese eine Nachricht von meiner Berliner Freundin Kathi: „Du bist in Wien? Verrückt! Ich auch! Ich laufe morgen früh den Halbmarathon. Vielleicht sehen wir uns ja an der Strecke.“ 

Ich muss lachen… manchmal haben so WhatsApp-Statusmeldungen wohl doch was Gutes. Und natürlich bin ich am nächsten Tag an der Strecke! 

Nach einer erholsamen Nacht auf dem Sofa, schnappe ich meinen Rucksack, verabschiede mich von Lisa und Conny und mache mich auf den Weg ins Zentrum. 

Ich stehe bei Kilometer 14 und warte auf Kathi und ihre Schwester Susi. Ich freue mich einen Keks als ich die beiden im Läufergetümmel entdecke. Kathi scheint nicht glücklich … (der Grund ist hoffentlich eher ihr Wohlbefinden als meine Anwesenheit). Ich rufe beiden etwas Motivation hinterher, renne zur U-Bahn und fahre zu Kilometer 18. Auch dort entdecke ich beide und 3 Kilometer vorm Ziel ist Kathi etwas fröhlicher. 

Ich trinke einen Kaffee in der Sonne und lasse die Marathonatmosphäre noch etwas auf mich wirken bevor ich mich auf den Weg Richtung Ziel mache. 

Kathi umarmt mich mit den Worten: „OMG, du warst echt mein Anker in diesem Rennen. Mir ging es überhaupt nicht gut. Da war es so gut dich zu sehen!“

Ja, Leute ins Ziel schreien kann ich und auch für Kathi ist diese Situation von mir angeschrien zu werden nix Neues (Kathi ist eine meiner ehemaligen Schwimmerinnen ;-)). 


Wie gut in Wien gleich einige vertraute Gesichter zu sehen und wieder bestätigt sich die Erkenntnis meiner Reise:

„Ohne Menschen sind selbst die schönsten Städte nur alte Steine.“  

Freitag, 21. April 2023

Mit DJ Bobo durch Budapest

Budapest steht schon länger auf meiner To-Do-Liste. Nun bin ich endlich hier. 
Die Stadt gefällt mir gut (nur zu viele Autos für meinen Geschmack). 

Ladi ist mit mir vom Balaton nach Budapest gekommen und wir erkunden nun gemeinsam die Stadt. Da Ungarisch seine Muttersprache ist, habe ich den Luxus eines privaten Übersetzers. 

Ladi läuft noch leidenschaftlicher zu Fuß als ich. So haben wir gleich am ersten Sightseeingtag über 20 km gemacht und waren abends ziemlich ko. Ich genieße es sehr wieder mit einem Menschen mehr als den Reisesmalltalk zu reden, im Restaurant nicht alleine zu essen und unglaublich viel zu lachen.

Das einzige was echt anstrengend ist, ist Ladis Musikgeschmack. ;-) So höre ich unfreiwillig DJ Bobo (weil er seit Tagen einen Ohrwurm davon hat).
Naja, Nobody is perfect. 

Ich hab’s gut. 

Mittwoch, 19. April 2023

Wiedersehen nach 5 Jahren

Es lohnt sich Telefonnummern aufzuheben und sich zu trauen auch nach langer Funkstille wieder mit Menschen in Kontakt zu treten. 
So habe ich vor ein paar Tagen meinen Freund Ladi angeschrieben, gefragt wo er gerade steckt und ob er Lust auf ein Wiedersehen hat. 
Ladi habe ich 2018 auf dem Jakobsweg kennengelernt und ihn anschließend in Fuschl besucht. Nach seinem Gegenbesuch in Berlin ist unser Kontakt etwas eingeschlafen. Nun war es also Zeit für ein Wiedersehen.

Gestern morgen schrieb er dann (etwas unerwartet): „ich kann dich heute am Balaton besuchen. Ich bin schon auf dem Weg von der Slowakei nach Budapest.“ Oh wow! Spontane Aktionen sind bekanntlich die besten und so stand er zwei Stunden später freudestrahlend vor mir. Was für eine Freude auf beiden Seiten. 


Wir gehen Mittagessen, erwandern die Halbinsel Tihany, haben viel zu lachen und natürlich zu quatschen. 


Auf dem Rückweg erwischt uns ein Regenschauer. Klitschnass kaufen wir noch ein paar Sachen für das Abendessen und wärmen uns in der Hotelsauna wieder auf. Bei Brot, Käse und Wein lassen wir den Abend ausklingen und beschließen am nächsten Tag gemeinsam weiter nach Budapest zu reisen. 

So dankbar für die wunderbaren Menschen in meinem Leben. 😌

Montag, 17. April 2023

Geschenke

4-Sterne-Hotels sind normalerweise nicht die Orte an denen ich unterkomme. In Ljubljana habe ich diesen Luxus mal genossen. 
Wie es dazu kam? 

Mein Freund Alexander sagte vor ein paar Tagen am Telefon: „Vielleicht legst Du mal einen Wellnesstag in einem schicken Hotel ein und entspannst dort im Spa!“
„Ja, nette Idee. Und: So viel Geld für eine Übernachtung ausgeben, passt so gar nicht zu meinem Reisemodus“, erwidere ich. 
„Ich lade dich ein! Such dir was nettes aus und ich buche es für dich“, antwortet er. 
Äh… das fühlt sich seltsam an. Sofort sagt mein Kopf: Kommt gar nicht in Frage!

Ich brauche zwei Tage um über das Angebot nachzudenken und zu reflektieren, warum mein Kopf sofort NEIN zu solchen Einladungen/Geschenken sagt. Da geht es viel um Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Bedürftigkeit und die Frage, ob ich nach solchen Geschenken jemanden etwas „schulde“. Ich schreibe einige Seiten Tagebuch dazu, spüre viel nach. Dann traue ich mich “Ja“ zu sagen. 

Ja, ich darf Einladungen und Geschenke annehmen. Sie stellen meine Unabhängigkeit nicht in Frage und sie brauchen keine Gegenleistung. Das Annehmen ist auch kein Zeichen von Bedürftigkeit oder „Armut“. 

Uff… vielleicht bin ich jetzt wieder einen Schritt in meiner persönlichen Entwicklung weiter. Wäre ja gut, wenn mir das Annehmen ab sofort leichter fallen würde.

So war ich also in Ljubljana im 4-Sterne-Hotel. Hab einen Abend im Spa verbracht, mir eine Massage gegönnt (aua, wie fest mein Nacken ist), hab wie ein Stein geschlafen und über eine Stunde das unfassbare Frühstücksbüffet versucht leer zu essen.

Danke, lieber Alexander. Für die Einladung und die Möglichkeit, wieder etwas über mich zu lernen und ein Stückchen daran zu wachsen. 😌♥️




I feel sLOVEnia

Der Werbeslogan von Slowenien drückt es gut aus: Ich liebe Slowenien. Im Herbst 2021 war ich zum ersten Mal hier, habe die Region um Bled und das Soča-Tal erkundet und hatte eine tolle Stadtführung inkl Weintasting in Ljubljana. Jetzt bin ich zurück und habe die Küste kennengelernt und erneut die wunderbare Stadt Ljubljana besucht. In dieser Stadt könnte ich mir auch vorstellen zu leben. Das ganze Zentrum ist autofrei, es gibt viel Leben auf der Straße und die Menschen sind offen und freundlich. Ich steige aus dem Zug und hab gleich ein Lächeln im Gesicht. 


Ab heute mache ich offiziell „Urlaub“… also kein Workaway mehr und nicht ganz so knauserig mit Geld sein. Ich checke im Hostel ein, lasse mich durch die Stadt treiben und gönne mir Kaffee und Kuchen. Abends wird es dringend Zeit für eine Waschaktion. Wenn man keine saubere Unterhose mehr hat und alles einfach stinkt, muss alles in die Waschmaschine. Im Waschsalon sitze ich wie gewohnt in kurzer Hose und Daunenjacke. Alles andere dreht fröhliche Runden.

Über meine anschließende Nacht im 8-Bettzimmer habe ich ja schon im vorigen Blogeintrag berichtet...

Am nächsten Morgen schleppe ich mich also müde zum Bahnhof und genieße die Ruhe eines eigenen Abteils. Diese alten Waggons sind einfach die besten. Man kann die Sitze zusammenschieben, das Fenster öffnen und hat es bequem und viel Platz. 



An der Grenze zu Kroatien wird die Lok getauscht. Wäre mein Vater jetzt hier, würde er mir einen Vortrag zu unterschiedlichen Spurbreiten und Netzspannungen zwischen den einzelnen Ländern halten. 

In Rijeka empfängt mich Regen. Irgendwie bin ich müde (körperlich und mental). Ich gönne mir (nach den Erlebnissen der letzten Nacht) ein Einzelzimmer und es beginnt draußen zu gewittern. Nach einem Schläfchen mit meiner Wärmflasche ist es draußen etwas trockener.  Ich besichtige die Stadt und hab ein gutes Abendessen.

Rijeka und ich werden keine Freunde… es liegt bestimmt mehr an meiner Erschöpfung und dem Regen als an der Stadt selbst. Ich beschließe Zagreb von meiner Reise-Liste zu streichen und am nächsten Tag zurück nach Ljubljana zu fahren. Wozu habe ich schließlich ein Ticket für ganz Europa? Und Slowenien finde ich super! 

Samstag, 15. April 2023

Nachts um 3 im 8-Bettzimmer

Hauptgewinn: Ein Schnarchbär klaut mir heute Nacht den Schlaf. Vor diesen Menschen ist man in keinem Mehrbettzimmer der Welt sicher. Wenn jemand so schnarcht, dass man die Vibration davon spürt, helfen auch keine Ohropax. Nur innerliche Entspannung und die Vorfreude auf ein wenig Schlaf im Zug später…

Tief in den Bauch atmen, entspannt bleiben und gedanklich an schöne Orte flüchten. 

Donnerstag, 13. April 2023

Auf Wiedersehen, Bella Italia!

Wow… Venedig und die Region Venetien haben mich sehr beeindruckt. Ich hatte keine großen Erwartungen - weder an die Stadt noch an meinen Gastgeber. Die beste Einstellung für gute Erlebnisse! 

Mit Armando hatte ich es wunderbar. Wir haben bei Prosecco und italienischer Musik zusammen gekocht, viel geredet (dabei unsere Sprachkenntnisse in italienisch bzw. deutsch und englisch verbessert) und die Gegend erkundet. Außerdem spielt er so gerne wie ich und so konnte ich endlich mein Quixx aus meinem Rucksack ziehen und es ihm beibringen.

Ich habe nicht nur Venedig sondern auch Padua, Mestre und Treviso erkundet. Ich kann mich an der Architektur kaum satt sehen und bin Fan der italienischen Lebensweise. Ich werde definitiv wiederkommen. Mit Armando habe ich einen Freund gefunden, dessen Tür mir immer offen steht. Was bin ich nur für ein Glücksmensch. 

Abschied nehmen fällt mir immer schwer und es ist gleichzeitig ein Muss um überhaupt Reisen zu können. Also bin ich nach 5 Tagen mit Armando etwas traurig in den Zug Richtung Osten gestiegen. 
Kaum sitze ich, bekomme ich über Workaway eine Antwort auf eine Anfrage, die ich schon vor über einer Woche geschrieben habe. Eine Familie an der Küste Sloweniens schreibt: „Entschuldige die späte Antwort. Du kannst jederzeit zu uns kommen. Wir freuen uns dich kennenzulernen.“
Ich schmunzel, spüre nach. 
Bin ich schon direkt wieder bereit neue Menschen kennenzulernen? Brauche ich nicht eigentlich ein paar Tage alleine zum nachspüren und verarbeiten?
Ich steige in Triest aus und denke: Keine Entscheidung mit leerem Magen treffen! Ich gönne mir ein gutes Mittagessen und telefoniere mit meiner Freundin Pia. 
Danach sitze ich unschlüssig auf einer Parkbank. Zu viele Optionen sind manchmal eine echte Herausforderung... Ich könnte in einem Hostel in Triest bleiben, zu der Familie in Slowenien fahren oder den Zug nach Rijeka nehmen.
Ich entschließe mich erstmal herauszufinden wie ich an die Küste Sloweniens komme (dort gibt es keine Zugverbindungen). Im Busbahnhof sagt die Frau: „Der Bus fährt in 5 Minuten und kostet 4,20€.“ 
Ich denke: „Das Universum will mir was sagen“, kaufe ein Ticket und renne zum Bus. 
Entscheidung getroffen. Ich kontaktiere die Familie, teile Ihnen mit, dass ich auf dem Weg bin und mache ein kleines Schläfchen. 

In Piran holt mich Matic am Busbahnhof ab. Während wir durch den kleinen Ort laufen, erklärt er: „Du kannst bis Freitag dein eigenes Apartment direkt hier im Zentrum haben. 


Wir wohnen 20 Minuten zu Fuß von dort. Du kannst vorbeikommen wenn du magst und wenn nicht, ist es auch okay. Mach dir einfach eine gute Zeit.“ Dann zeigt er mir das Mini-Apartment direkt am zentralen Platz, gibt mir die Schlüssel und ist weg. 
Ich kann mein Glück kaum fassen, gehe den süßen Ort erkunden, sehe den Sonnenuntergang und habe ein gutes Abendessen bevor ich müde und dankbar ins Bett falle. Was für ein Leben…


„I’m guided throughout this day in making right choices.“ 

Sonntag, 9. April 2023

„Ich habe meine Frau gekocht“

Nach der Woche in der Toskana, in der ich einem nicht enden wollenden Strom negativer Worte ausgesetzt war, erlebe ich jetzt das Gegenteil.

Seit Freitag bin ich in Venedig. Wieder als Workaway und alles ist ganz anders. Ich hatte meinen Gastgeber Armando angeschrieben, ob er etwas Hilfe gebrauchen kann. Er antwortet gleich: „Du kannst gerne kommen. Allerdings spreche ich kein Englisch oder Deutsch. Es wird schwierig mit der Kommunikation. Aber lass es uns versuchen.“

Ich hab kurz überlegt, ob mir das nicht zu anstrengend ist. Dann war ich mir sicher: „Mut wird immer belohnt und in ein Hostel kannst du spontan noch immer gehen.“

Also hat mich Armando vom Bahnhof abholt, ich bin ohne viele Worte in sein Auto gestiegen und wir sind zu ihm nach Hause gefahren. Wir sind uns auf Anhieb sympathisch aber es fehlen die Worte. 

Zum Glück gibt es mittlerweile so praktische Dinge wie Google-Übersetzer und so dauert es nicht lange, bis wir bei Kaffee und einer Oster-Colomba (typisches Ostergebäck in Taubenform) uns in einem wilden Mix aus italienisch, englisch und deutsch unterhalten.



Er tippt in sein Handy: „Ich brauche keine Hilfe. Sei einfach mein Gast, fühl Dich wie Zuhause.“

Ich bin dankbar und beglückt.

Und wir haben gleich viel zu lachen. Über lustige Übersetzungen („Ich habe meine Frau gekocht“) und  erlebte Geschichten. Armando produziert Prosecco in seiner Freizeit und hat früher viel in Restaurants gearbeitet. Es dauert also nicht lange, bis er mir Aperitif und Antipasto reicht.

Ach… was für ein Glück. Was für gute Gespräche, wie viel Spaß und was für ein Luxusleben.

Wir drehen noch eine kleine Runde durch den Stadtteil Mestre (auf dem Festland von Venedig). Er zeigt mir die Bushaltestelle, kauft mir Tickets für den nächsten Tag und wir kaufen für das Abendessen ein.

Wir kochen gemeinsam, quatschen und trinken Prosecco. Auch er ist schon viel gereist und hat alle möglichen Jobs gemacht. Jetzt ist er in Rente und sucht einen Ort an dem er langfristig leben möchte. 

Irgendwann ist es spät geworden und ich falle müde in mein Bett im größten Zimmer der Wohnung. 

Was für Überraschungen das Leben so bereit hält.


Freitag, 7. April 2023

Eine Woche Toskana

Wo soll ich anfangen? Was soll ich schreiben?

Ich sitze im Zug nach Venedig. Die letzte Woche habe ich in der Toskana in der Nähe von Grosseto als Workaway verbracht.
Mein Gefühl hat mich im Vorfeld schon aufmerken lassen. Der Kontakt mit meiner Gastgeberin Gudrun  (Name von der Redaktion geändert 😉) war von Anfang an schon per WhatsApp ruppig und etwas unfreundlich. Ich hab mir nur gedacht: „Du weißt nie, was auf der anderen Seite gerade los ist“ und bin hingefahren.

Ja, da war ich dann mit einer Frau um die 60… Ich habe selten eine negativeren, voreingenommenen und zu allem eine Meinung habenden Menschen getroffen.

Schon auf dem Weg vom Bahnhof zu ihr nach Hause sagte sie: „Ich weiß gar nicht was ich mit Dir soll. Ich hätte eine Woche Urlaub machen sollen, jetzt hab ich dich an der Backe und du siehst nicht so aus als könntest Du irgendwas. Und dabei hab ich so viel zutun.“
So ging es dann auch zwei Tage weiter… ich durfte nichts anfassen, sollte am besten nichts sagen und wenn ich was getan habe, wurde es kontrolliert und korrigiert. Ich hab tief durchgeatmet und mir klar gemacht: „Hat nix mit mir zutun.“ Den ganzen Tag hat Gudrun einen Monolog gehalten. Wie blöd, hässlich, dumm und alt sie ist. Wie schlecht die Menschen sind (Die Italiener, die Deutschen, die Gäste, die Workaways, die Männer, die Frauen, die Jungen, die Alten, die Nachbarn, das Leben … grundsätzlich immer pauschal und grundsätzlich immer schlecht. Lachen oder gute Laune scheint sie nicht zu kennen. Und weil ich ja auch schlecht bin, hat sie mich keine Minute alleine gelassen. „Man weiß ja nie. Workaways können ja noch nicht mal richtig abspülen.“
Ich bin bei mir geblieben und habe u.a. Sätze von Louise Hay still in meinem Kopf wiederholt. Zum Beispiel: „Out of this situation only good will come.“
Meine positive und offene Grundeinstellung nicht verlieren - auch nicht mit toxischen Menschen.

Und ich hab angefangen zu fragen: „Was ist dir beim Abspülen wichtig? Wie möchtest Du deinen Tee am liebsten trinken? Darf ich die Küche ausfegen?“

Am dritten Tag hat sich dann langsam was verändert. „Du bist ja doch nicht so lebensunfähig wie die meisten Büromenschen. Zwar sehr rational aber anpacken kannst Du. Vielleicht solltest du Lokführer werden.“ 
Ich hab diese Aussage mal als Kompliment genommen. 

Wer ich bin, was mich bewegt und beschäftigt, was ich schon gearbeitet und erlebt habe, wen oder was ich liebe und was meine Glaubenssätze und Werte sind, interessiert Gudrun nicht. Meine Redeanteile waren sehr auf das Wesentliche beschränkt und irgendwann hatte ich auch keine Lust mehr, mehr von mir zu zeigen. Ist ja in ihrer Welt eh alles schlecht...
„Zwei Monate Interrail? Das hat in meiner Welt nichts mit Reisen zutun. Das ist so ein Möchtegern Hippieleben für 8 Wochen!“

Warum bin ich (wie von Anfang an vereinbart) eine Woche geblieben? 

Ich konnte in dieser Woche viel über Menschen und über mich lernen. Die Wirkung von positiven und negativen Glaubenssätzen, sich selbst erfüllende Prophezeiung, Selbstbewusstsein, unterschiedliche Perspektiven, Selbst- und Fremdwahrnehmung und so viel mehr. Ich konnte vor allem meine Entwicklung der letzten Jahre wahrnehmen. Bei mir bleiben, nicht von Menschen beeinflussen lassen, wissen wessen Meinung mir was bedeutet.
Und ich hab auch nochmal deutlich erfahren, dass Geld, Wohnort, Wohlstand, Wetter, Bildung etc. kein Garant für Lebensfreude ist. Gudrun hat das alles. 
Glücklich ist sie nie.



Am vorletzten Tag konnte sie das erste Mal „Danke“ sagen und hat mich eingeladen mit ihr und ihrer Tochter, dem Freund und ihrem Ex-Mann Ostern zu feiern und länger zu bleiben. 
Ich hab freundlich abgelehnt. Auch meine Lebensenergie ist nicht unbegrenzt und es wird Zeit für neue (positivere) Menschen um mich herum.

Jetzt geht es weiter nach Venedig. Ich stürze mich gleich ins nächste Workaway-Abenteuer. 😎

Montag, 3. April 2023

Weiter geht’s…

 Guten Morgen aus der Toskana.

Unseren letzten Wandertag haben wir ausgiebig genossen. Ich bin nur mit leichten Gepäck gewandert (ich bin schon körperlich ganz schön müde) und habe meinen Rucksack am Bahnhof zur Aufbewahrung gegeben und ihn abends von dort wieder abgeholt.

Nachdem ich am Freitagabend Moni in den Nachtzug nach München gesetzt habe, habe ich eine weiter Nacht in La Spezia verbracht um mich etwas zu erholen. Im Hostel stellte ich dann fest, dass mein Beutel mit meinen Schuhen (Barfußschuhe und FlipFlops) nicht mehr auffindbar waren. Kurzen Wunsch ans Universum geschickt und dann die letzten drei Unterkünfte unserer Wanderung angerufen. Tatsächlich sind die Schuhe in Riomaggiore. Die Reinigungskraft hatte gedacht, dass ich sie weg werfen möchte.

Am Samstag bin ich also (nach einer weiteren nicht erholsamen Nacht) mit dem Zug zurück nach Riomaggiore und habe zwei Stunden am Meer auf meine Schuhe gewartet. 



Glücklich und mit vollständigem Gepäck geht es dann weiter nach Pisa. Ich lasse mich bei schönsten Sonnenschein durch die Stadt treiben, schaue mir den schiefen Turm an, habe ein gutes Mittagessen und eine schöne Kaffeepause in Bahnhofsnähe. 



Drei Stunden später nehme ich den Bummelzug Richtung Grosseto. Ich versuche die Zugfahrt zu nutzen um mich auf meine nächste Gastgeberin einzustellen. Offen sein, unvoreingenommen, Vertrauen. 


Ich warte eine Stunde im Sonnenuntergang am Bahnhof bevor mich Gudrun (Name von der Redaktion geändert 😉) mit dem Auto abholt. 

Wir fahren ca. 15 Minuten noch tiefer ins Nirgendwo. 

Ab jetzt bin ich also auf einer Olivenfarm mit Ferienwohnungen. 


Mehr dazu später… meine Arbeitskraft ist gefragt 😉

Mittwoch, 29. März 2023

Erschöpfung

Heute ist der erste Tag an dem ich nicht gleich morgens übermütig aus dem Bett springe. Ich hab schlecht geschlafen und bin auch körperlich erschöpft. Beim Frühstück bin ich etwas erschlagen von der Lautstärke einer großen Gruppe von ca. 40 Leuten und ich brauche zwei Kaffee mit Zucker um irgendwie auf Betriebstemperatur zu kommen. Moni fragt, ob ich irgendwas brauche. „Nein danke. Genieß lieber die halbe Stunde in der ich mal nicht so viel Energie habe. Diese Momente sind selten.“


Unsere Etappe startet mit einem steilen Abstieg von 400 Höhenmetern und es geht direkt auf die Oberschenkelmuskulatur. Ich fühle mich nicht so trittsicher und rutsche auch direkt aus. Außer Schreck ist zum Glück nichts passiert. So steigen wir nach Monterosso ab. Von dort geht es über unglaublich viele Treppenstufen wieder bergauf.
Viele der Stufen sind auf Kniehöhe und es braucht viel Kraft mein Körpergewicht inkl. meines schweren Rucksacks bei jedem Schritt hochzudrücken. Ich bin erschöpft und auf dem schmalen Weg auch etwas genervt von den vielen Menschen. Wir erreichen Vernazza, trinken einen Cappuccino im Hafen und machen uns anschließend fluchtartig auf den Weg um den Klassenfahrten und Seniorengruppen wieder zu entkommen. 

Mir kommt die Idee, dass ich im nächsten Ort meinen Rucksack deponieren könnte um die letzten 5 Kilometer nur mit Wasserflasche und Regenjacke zu laufen. (Um dann später meinen Rucksack mit dem Zug abzuholen). Als ich Moni davon erzähle, schlägt sie vor, dass wir die letzten 5km auch ganz weglassen und einfach den Zug für eine Station nehmen. Vielleicht reichen heute auch die 11km. 

Wir haben noch eine gute Brotzeit an einem schönen Ort (etwas abseits der Wanderautobahn), nehmen dann den Zug und erreichen nach 6 Minuten Fahrtzeit unser heutiges Etappenziel: Riomaggiore. 

Wir checken in unserer schönes Zimmer ein, duschen und ich gehe mit Wärmflasche für ein Nickerchen ins Bett. 
Abends drehen wir eine Runde durch den Ort, essen Pasta und ich gehe früh ins Bett. Morgen gehen wir auf unsere letzte Etappe. Hoffentlich mit mehr Energie.

Dienstag, 28. März 2023

Ab ins Kloster

Wieder bin ich als Erste wach, ziehe mir eine Jacke über und hole Kaffee aus dem Frühstücksraum. Zurück im Zimmer reiche ich Moni eine Tasse und wir schauen vom Bett direkt auf den Sonnenaufgang aufs Meer. Könnte das Leben besser sein? Ich glaube nicht. Wieder tauchen viele Fragen in meinen Kopf auf. Zum Beispiel: Sieht man sich irgendwann an so einem Ausblick satt? 



Nach dem Frühstück brechen wir auf. Wieder wechseln sich gute Gespräche und schlechte Witze fließend ab. Moni fragt: „Wie bist Du eigentlich so geworden wie du bist?“ Mh… keine Ahnung. Ich glaube das meiste war schon immer in mir. Ich hab das „anders sein“ nur lange als Schwäche wahrgenommen und wusste damit nichts anzufangen. „Deine innere Freiheit ist wirklich eine unglaubliche Stärke! Und wie du das lebst…Beeindrucken.“ 

Spannend wie unterschiedliche Menschen unterschiedliche Perspektiven auf meine Lebensgestaltung haben können.

„Da unten wartet ein Cappuccino auf uns“, sage ich mit dem Blick auf den nächsten Ort. „Na hoffentlich machen sie den erst wenn ich da bin. Sonst ist der ja kalt bis ich ankomme!“, erwidert Moni lachend. 

In einer kleinen Bar gibt es dann einen heißen Cappuccino und Croissants in der Sonne für uns. Der nächste Wegabschnitt ist mal weniger steil und wir genießen die Ausblicke auf das glitzernde Meer unter uns. Wir erreichen einen Aussichtspunkt und kommen mit einem Paar ins Gespräch. Sie sind gestern mit dem Camper aus Marokko hier angekommen. Sie haben keinen festen Wohnsitz mehr und reisen nun durch Italien Richtung Istanbul. Super sympathische Menschen. 


Irgendwann ist es Zeit für den letzten Abstieg und wir erreichen nach 17km und 850 Höhenmetern Montorosso al Mare. Wir gönnen uns einen Aperol und gutes Essen bevor es mit einem Shuttle zu unserer Unterkunft hoch über der Stadt geht. „Karin du hast ein echt gutes Händchen bei der Tourplanung!“ 

Nach dem grandiosen Hostel gestern, schlafen wir heute in einem Kloster hoch über der Stadt.


Wir bestaunen den Sonnenuntergang bei einem Glas Weißwein und ich singe Moni ein paar Schlager vor. Sie weiß nicht so genau ob sie lachen oder weinen soll.

Mir kommt die Idee, dass ich Urlaubsbegleitung für Menschen, mit denen keiner Urlaub machen möchte, werden könnte. Moin sieht mich eher auf Kreuzfahrtschiffen: „Tagsüber könntest Du Aquafitness geben und abends Schlager beim Kapitänsdinner singen.“ 

Wir haben es gut und viel zu lachen - auch im Kloster.

Was für ein perfekter Museumstag.



Glückspilze

Während Moni noch schläft, zieht es mich um 7Uhr aus dem Bett und raus auf die Dachterrasse. Unter mir toben die Wellen, keine Wolke am Himmel und die Sonne glitzert auf dem Meer. Ich bin glücklich. Auch weil es mir unerwartet gut geht (kein Muskelkater oder andere Schmerzen). 

Ich gehe in den Frühstücksraum, trinke einen Cappuccino und checke die Etappe des heutigen Tages. Es stehen 11km und ca. 500 Höhenmeter auf dem Plan. Gegen 8 Uhr lasse ich mir einen weiteren Cappuccino geben und bringe ihn Moni ans Bett. Gute-Laune-Garantie schon beim Aufwachen. :-)

Wir lassen es heute ruhig angehen, packen nach dem Frühstück unsere Sachen (das meiste ist noch feucht), ziehen unsere nassen Wanderschuhe an und laufen im strahlenden Sonnenschein los. Schon nach wenigen Metern sind die nassen Füße vergessen und wir witzeln wieder über alles mögliche. „Hast du eine Marotte?“, fragt Moni. „Ja, aber die wohnt zum Glück in München!“ Wir haben viel zu lachen und auch echte Gespräche über die Themen die uns bewegen.

So steigen wir auf den ersten Berg, genießen die Aussicht und das Wetter. Moni sagt: „Wir sind echt Glückspilze.“

Stimmt. Heute ist wieder so ein Tag an dem ich sehr dankbar und glücklich bin.

„Was die Leute wohl denken in welcher Konstellation wir zusammen gehören?“, frage ich irgendwann. „Solange wir nicht sprechen, denken Sie bestimmt Mutter und Tochter“, sagt Moni. Ja, aber sobald die hören wie stark Moni niederbayerischen Dialekt spricht und ich fast akzentfreies Hochdeutsch, wird sich die Vermutung nicht mehr halten können. „Ich könnte auch Seniorberaterin in einer Consultingagentur sein und du meine Juniorpartnerin“, schlägt Moni vor. „Aha, du verdienst also einen Haufen Geld während ich den Kaffee koche. Ich glaube schlechte Idee“, sage ich. Wir erfinden noch Entführungsgeschichten, einige Verwandtschaftsverhältnisse und sonstige Geschichten und amüsieren uns prächtig. 

Unseren Pausencappuccino trinken wir direkt am Meer. Wow, was für eine Energie und was für Farben.


Für den zweiten, sehr steilen Aufstieg werden wir mit einer Mittagspause auf dem höchsten Punkt mit Blick über die Küste belohnt.

Wir können unser Glück kaum fassen. Das Gefühl bestätigt sich auch als wir unsere Unterkunft erreichen. Was für ein Ausblick! Unsere Sachen trocknen in der Sonne während wir auf Sonnenliegen vor uns hin dösen. 

Nur ein Windspiel und das Rauschen des Meeres in der Ferne ist zu hören. Irgendwann taucht der Besitzer mit zwei Gläsern Rotwein auf, die er lächelnd vor uns abstellt. 

Die unerwarteten Dinge sind oft die besten. So geht’s uns auch mit dem Abendessen. Das einzige Restaurant im Ort hat Montags Ruhetag. Wir laufen weiter zur einzigen Bar und erfahren, dass es dort auch heute nichts zu essen gibt. Die Besitzerin sieht unsere Enttäuschung. Kurzerhand sagt Sie, dass wir uns setzen sollen. Kurze Zeit später serviert sie uns gefüllte Nudeln und Weißwein. 

Zum Sonnenuntergang gehen wir ins Bett. Was für Glückspilze wir doch sind.

Sonntag, 26. März 2023

Auf Umwegen

Uff… körperlich ziemlich ko. 
Mal schauen ob mein Kopf noch in der Lage ist einen Blogeintrag zu schreiben.

Seit gestern habe ich „Besuch“. Meine Freundin Moni ist aus München nach Italien gereist um mit mir eine knappe Woche den Fernwanderweg der CinqueTerre zu bezwingen. Große Freude bei ihrer Ankunft am Bahnhof von Sestri Levante. Wir suchen uns ein bodenständiges Restaurant, haben gute Gespräche und viele Lacher und gehen früh ins Bett.

Um 7Uhr klingelt der Wecker. Nach einem Frühstück machen wir los auf die erste Etappe. Geplant sind 15km, 840 Höhenmeter und ca. 6:30 Wegzeit. Moni sagt auf den ersten Metern: 
„Wie gut, dass das Leben uns zusammengeführt hat! Du bist eine echte Inspiration in Sachen Lebensfreude. Meine sonstigen Freunde sprechen am liebsten von der Rente in ein paar Jahren. Dabei ist das Leben doch jetzt! Was für eine Freude, dass wir diese Tour zusammen machen.“
Ja, wie wahr. Was für ein Glück, dass wir uns vor einigen Jahren in einem Yogaurlaub in Portugal kennengelernt haben und Freundinnen geworden sind. Trotz der 600 Kilometer zwischen München und Berlin und unserem Altersunterschied von 18 Jahren. 

Wir erklimmen den ersten Berg, genießen die Aussicht und haben gute Gespräche. Nach zwei Stunden erreichen wir einen kleinen Ort und nehmen für einen Cappuccino einen kurzen Umweg in Kauf. 
Moni lacht und sagt: „Mein Mann schreibt: Hab einen schönen Tag mit der verrückten Karin.“ 
Ich weiß gar nicht, was an mir so verrückt sein soll… 
Moni klärt mich auf: „Deine Leichtigkeit und Lebendigkeit ist schon verrückt und mit Dir kann ich auch meine Leichtigkeit leben.“ Ich freue mich und springe fast einen Mann um als ich von der Toilette komme. 
Gut gestärkt setzen wir unseren Weg fort. 



Irgendwann nehmen wir eine Abzweigung, die sich später als „falsch“ herausstellen wird. Wir erklimmen den Colle de Lago und feixen: „Der normale Weg wäre uns ja auch zu einfach gewesen.“ 
Wir machen Brotzeit und ich staune, was Moni alles aus ihrem Rucksack hervorzaubert (und aus München mit hergebracht hat). Brot, ein Stück Käse, gekochte Eier, eine ganze Salami, Apfel… In Sachen Essen ist Moni echt eine Bank.
Nach dem steilen Aufstieg und in dieser Umgebung schmecken die Dinge vorzüglich.

Wir sind gerade fertig mit essen als er zu regnen beginnt. Wir packen zusammen, ziehen unsere Regenkleidung an und laufen weiter.
Es geht erschreckend viel bergauf (zwischendurch auch immer wieder viel runter) und der Regen wird immer stärker. Ich bin schon ziemlich erschöpft und hoffe nach jeder Kurve einen Hinweis auf das Ende dieser Tagesetappe zu entdecken. Stattdessen geht es gefühlt nach jeder Biegung weiter bergauf. Der Regen durchdringt langsam meine Jacke und mein Schweiß bringt zusätzliche Feuchtigkeit. Irgendwann bin ich nass von innen und außen.

Als es zum x-ten Mal steil bergauf geht, beschleicht uns das Gefühl wieder falsch abgebogen zu sein. Wir sind mitten in den Regenwolken und können keine 10 Meter weit schauen. Wir studieren die Karte und wollen gerade umdrehen als ich zur Sicherheit nochmal Komoot nach Rat frage. Komoot sagt, dass wir den Gipfel in 200 Metern erreicht haben und es dann noch ca. 2,5 Kilometer bis zum Ziel sind.
Ich schleppe mich mit letzter Energie auf den Berg und bin unendlich erleichtert und glücklich als wir unser Hotel nach 23 (statt den geplanten 15km) erreichen.
„Wir haben echt keinen Berg der Gegend ausgelassen. Ich bin total fertig“, sage ich lachend zu Moni. 
„Ja, warum leicht wenn man auch Herausforderungen haben kann?“, antwortet sie grinsend. Mein Fleece kann ich vor Nässe auswringen. Ich nutze den Luxus des Hotelpools um ein paar Bahnen zu schwimmen, bevor ich mich dusche und für ein Nickerchen ins Bett packe. Abends hört es auf zu regnen und wir beenden einen schönen Tag voller Umwege bei Bier und Pizza.



Freitag, 24. März 2023

Der lange Weg nach Nizza…

Gerne wäre ich noch etwas im sonnigen und warmen Spanien geblieben. Jedoch habe ich am 25.3 ein Date in Sestri Levante in Italien. :-) 

Ich bin also zurück in Frankreich, habe zwei Nächte im verschlafenen Sète verbracht und mich etwas von meinem Leben mit Freunden und Alkohol erholt. 
Heute bin ich dann wieder in den Zug gestiegen. Das Ziel: Nizza. Die geplante Route sah sechs Stunden Reisezeit mit 1x Umsteigen vor. 
Ich bin pünktlich um 7 Uhr am Bahnhof und stelle fest, dass mein Zug ausfällt.Der erste Zug Richtung Avignon geht in einer Stunde. Ich verbringe die Zeit mit Lesen und Tagebuch schreiben. Nach 1,5 Stunden Fahrtzeit komme ich in Avignon an. Wieder ist mein Anschlusszug gestrichen und ich habe ungeplant zwei Stunden Aufenthalt. Ich laufe durch die Stadt der Päpste und telefoniere kurz mit meiner Schwester. Sie sagt: „Ah, Avignon! Da war ich auch schon mal. Kennste das Lied? Sur le Pont d‘Avignon...“ Wir lachen, legen auf und ich hab den ganzen Tag einen Ohrwurm
Ich besichtige die besungene Brücke, gönne mir ein richtiges Mittagessen (in der Vorahnung, dass ich noch viel Zeit heute im Zug verbringen werde) und steige in den Zug nach Marseille. 


In Marseille fährt in 5 Minuten ein Schnellzug direkt nach Nizza. Bevor ich eine Reservierung am Automaten kaufen kann, ist der Zug weg. In Frankreich kommt man oft nicht mal auf den Bahnsteig ohne die passende Fahrkarte bzw. Sitzplatzreservierung. Ich bin etwas genervt und kaufe mir statt einer Reservierung eine Tafel Schokolade. 


Mit dem nächsten Regionalzug geht es dann weiter nach Toulon. Unterwegs versuche ich die Streikfahrpläne zu checken. Ab Toulon soll ein TGV direkt nach Nizza fahren. Ich hab 8 Minuten um mir eine Reservierung am Automaten zu kaufen und den richtigen Bahnsteig zu finden. Klingt nach einer Herausforderung - ist es auch.
Einfahrt in Toulon. Ich renne los, suche einen Automaten, kaufe die Reservierung und renne zum Bahnsteig. Durch die Zugangskontrolle, rein in die erste Zugtür, die sich hinter mir schließt. Geschafft. Der Zug setzt sich Sekunden später in Bewegung.
Hätte ich diesen Zug nicht bekommen, müsste ich zwei Stunden in Toulon warten und hätte 20€ der (gerade etwas nervenden) SCNF geschenkt.

Und hätte ich gewusst, dass ich während meines Interrail-Trips so viel rennen würde, hätte ich Lauf- statt Wanderschuhe mitgenommen.

Nizza: meine Erschöpfung und Genervtheit (nach 10 Stunden Reisezeit und 3x Umsteigen) ist sofort verflogen. 

Ich bin von der ersten Minute schockverliebt in diese Stadt. Die Luft, die Häuser, der Vibe. Einchecken in eine Jugendherberge, in der etliche Jugendliche auf Klassenfahrt sind (wird bestimmt eine kurze Nacht) und ab ans Meer. Ich erklimme die ehemalige Festung und genieße den Ausblick über Stadt und Meer. Wunderbar.

Ich hätte früher hier her kommen sollen… 

Morgen geht’s dann nach Italien. Ich bin in Vorfreude 😊