Montag, 6. März 2023

Paris

Überpünktlich erreicht der Zug Paris. Ich bin eine der Letzten die den Zug verlassen, mache mich entspannt auf den Weg zur Jugendherberg, lasse meinen Rucksack im 6-Bettzimmer und beschließe, ohne Plan durch die Stadt zu treiben. 
Mich beeindruckt die Architektur und ich bleibe oft stehen um mir die pompösen Häuser und das bunte Treiben auf der Straße genauer anzuschauen. Ich laufe durch kleine Straßen, viele Geschäfte haben marktähnlich ihre Ware auf der Straße ausgelegt und ich freue mich über die vielen Gerüche von Backwaren, Obst, Kaffee, Zigarettenrauch und so viel mehr… Der Singsang des französischen mischt sich an vielen Stellen mit afrikanischen Sprachen und nach meiner anfänglichen Irritation über die Lautstärke entspanne ich mich immer mehr. Ich bin schon fast eine Stunde unterwegs als ich unerwartet am Fuße von Sacré-Cœur stehe. Ich steige die Treppen hinauf und werde mit dem Blick über Paris belohnt. 
Kurz kommt die Erinnerung hoch: ich war vor etlichen Jahren (war es 2008?) schon mal hier und habe meine Freundin Wiebke während ihres Studiums besucht… wow ist das lange her.
Ich beobachte Menschen und spüre Hunger in mir aufsteigen. 


Ich steige vom Berg und kehre in das nächste Restaurant ein. Ein Mann begrüßt mich überschwänglich auf französisch und ich antworte entschuldigend auf Englisch. Er verstummt, weist mir einen der 6 Tische zu und reicht mir schweigend die Karte. Ich bin der einzige Gast und er scheint kein Englisch zu sprechen.
Ich bestelle Pizza und Wein und bereue mich in der 11. Klasse nicht für den Französischunterricht begeistert zu haben. Ein Mann kommt rein und fragt ob er draußen essen darf. Der Restaurantbesitzer nickt nur und ist irritiert. Nachdem der Gast draußen Platz genommen hat, sagt er zu mir „Froid“, verdreht die Augen und bringt widerwillig die Speisekarte raus. Ich schmunzel, esse eine unglaublich gute Pizza, trinke hervorragenden Wein und beobachte das dargebotene Schauspiel was sich mir nun bietet. 
Immer wenn der Kellner zu dem Gast raus muss, nimmt er demonstrativ seinen Schal vom Garderobenhaken, wickelt ihn elegant im gemächlichen Tempo um, geht raus, kommt wieder rein und hängt den Schal zurück. Der Schal wird vier mal umgewickelt und wieder zurück gehängt. Ich amüsiere mich als am Ende der Gast sich erbarmt und zum Zahlen freiwillig reinkommt. Als er weg ist, nutze ich einen Übersetzer und tippe: „Danke. Das war eine der besten Pizzen, die ich je gegessen habe. Auch der Wein ist fantastisch. Herzlichen Dank.“ Der Kellner liest, strahlt und bedankt sich. Er holt die Flasche Wein, gießt ungefragt nach und stellt mir Tiramisu auf den Tisch.
Ich bin im Paradies und genieße diese unerwarteten Extras. 

Irgendwann zahle ich, gebe großzügig Trinkgeld (weder das zweite Glas Wein noch das Tiramisu stehen auf der Rechnung) und mache mich beschwingt auf den Weg zurück zur Jugendherberge. 
In meinem 6-Bettzimmer schlafe ich so gut wie seit Tagen nicht. 
Paris gefällt mir viel besser als gedacht… vielleicht komme ich ja nochmal wieder. Aber jetzt erstmal: Bordeaux 

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